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Perfektionismus: Nicht ganz perfekt ist perfekt genug!

Du willst perfekt sein? Lieber nicht...

Hast du schon mal versucht, perfekt zu sein?

Keinen Fehler zu machen? Alles immer zur vollsten Zufriedenheit zu erledigen? Ja? Das ist gut. Das ist lobenswert. Dafür kannst du dir auf die Schulter klopfen. Doch es gibt auch einen Preis, den du bereit sein musst dafür zu zahlen: Nervliche Anspannung und Druck.

Wenn du richtig Pech hast, wird dieser Druck irgendwann zuviel und nimmt dir deine Lebensfreude.

Alte Menschen haben zwar keinen Druck mehr - aber du kannst von ihnen  so einiges über Perfektionismus lernen.  

Genau aus diesem Grund erzähle ich dir jetzt eine Geschichte aus meiner sozialpädagogischen Arbeit:

Vor einigen Jahren betreute ich einen sehr lieben, aber demenzkranken Mann.

Seine Frau hatte mich beauftragt, weil sie den Alltag alleine mit ihm nicht mehr schaffte. Als ich meine Arbeit begann, wunderte ich mich, weil er ziemlich viele Dinge noch alleine konnte – auch wenn er (wie bei einer Demenz normal) hin und wieder etwas verwechselte, verlegte und Gedächtnislücken hatte.

Die Alltagsorganisation mit ihm war recht angenehm und ich lobte ihn, wo ich nur konnte.

Kleine Erfolge stellten sich ein:

Er wurde motivierter,

traute sich wieder mehr zu

und es ging ihm insgesamt besser.

Doch jedes Mal, wenn ich ein paar Tage nicht da war, traf ich ihn wieder frustriert und traurig an.

Ich fragte mich, warum.

Eines Tages bekam ich die Antwort:

Seine Frau erwartete, dass alles PERFEKT zu laufen hatte –

und setzte damit meinen Klienten (und auch sich selbst!)

wahnsinnig unter DRUCK.

Ein paar Beispiele:

  • Wenn er einen Apfel zur Hand nahm und hineinbiss monierte sie, dass er ihn nicht in Scheiben schnitt (anstatt sich zu freuen, dass er überhaupt noch wusste, was ein Apfel IST!)
  • Wenn er eine schwarze Hose anzog, schimpfte sie ihn weil er nicht die weiße anzog (anstatt erleichtert zu sein, dass er sich überhaupt noch selbst anziehen KONNTE!)
  • Wenn er Namen oder Personen verwechselte sah sie ihn verständnislos an und meinte: „Mein Gott ***, warum weißt du das denn nicht?! (anstatt anzuerkennen, dass er überhaupt noch Sätze formulieren KONNTE) Und ja, warum wusste er es nicht? Ganz einfach: Weil er DEMENZ hatte! Aber das muss man ihm doch nicht ständig aufs Butterbrot schmieren!

Ich sprach mehrmals mit ihr und versuchte ihr zu erklären, dass demenzkranke Menschen nun einmal Fehler machen.

Daran müsse sie sich gewöhnen und ihm diese zugestehen.

Leider war sie nicht in der Lage, dies zu akzeptieren und monierte jeden Tag aufs Neue alles, was der Mann in ihren Augen so ungenügend erledigte.

Am Ende führte das dazu, dass beide mit den Nerven fertig waren und der Mann schließlich doch ins Heim musste.

Traurig, oder nicht?

Ich weiß nicht, wer von den beiden mir damals mehr leid tat:

Der Mann mit seiner Krankheit oder die Frau mit ihren völlig überzogenen Perfektionsansprüchen.

Wenn ich heute jedoch darüber nachdenke, meine ich:

Die Frau.  

Warum ich dieser Meinung bin?

Weil die Frau mit dem Schlimmsten konfrontiert worden war, was einem Perfektionisten passieren kann: Unvollkommenheit.

Ihr Mann spiegelte ihr praktisch täglich das wieder, was sie an sich selbst hätte verändern sollen:

Sich liebevoll

TROTZ Fehlern ANZUNEHMEN.

Nicht 100 Prozent zu fordern.

Auch mal alle Viere grade zu lassen.

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Von ihrem Mann hätte sie dies - trotz oder gerade wegen – seiner Krankheit endlich lernen können – leider hat sie das nicht erkannt.

Nachdem du diese Geschichte gelesen hast, frage ich dich:

Was ist mit dir?

Leidest du auch an Perfektionismus?

Ist etwas falsch zu machen das Schlimmste, was dir passieren kann?

Ja?

Dann sollten wir uns jetzt etwas näher mit diesem Thema befassen. Die ganz Neugierigen unter uns können hierzu auch gleich mal einen kleinen Selbsttest (Quelle: Palverlag) machen und herausfinden, ob sie an Perfektionismus leiden.

Wir anderen klären lieber erst einmal, was überhaupt unter Perfektionismus zu verstehen ist:


Perfektionismus – ein Erklärungsversuch

Wenn du perfektionistisch veranlagt bist, strebst du nach einer Vollkommenheit, die es nicht gibt.

Wir alle sind Menschen und machen Fehler.

Das ist NORMAL.

Wir hätten nie Laufen gelernt, wären wir nicht tausendmal hingeflogen.

Wir würden immer noch auf glühende Herdplatten langen, hätten wir uns nicht irgendwann mal daran verbrannt.

Wir würden nicht fliegen, hätten die Gebrüder Wright das nicht irgendwann in Angriff genommen (und Fehler sogar mit einkalkuliert!).

Die Liste kannst du endlos fortführen.

Eines jedoch dabei ist klar:

Fehler motivieren immer zu einer Verbesserung unserer Lebenssituation –

das darf aber nicht dazu führen,

dass wir niemals wieder Fehler MACHEN!

Würden wir keine Fehler mehr machen, wären wir keine Menschen mehr, sondern Maschinen (und selbst diese gehen mal kaputt oder haben eine Fehlproduktion).

Willst du eine Maschine sein?

Willst du so perfekt sein, dass du niemals wieder etwas lernen kannst, weil du sowieso schon alles weißt und völlig unfehlbar bist?

Meine Antwort ist:

Nein.

Ich will keine Maschine sein.

Ich bin ein Mensch.

Ein Mensch mit Schwächen & Fehlern.

Ich bin LIEBENSWERT.

TROTZ meiner Fehler.

MIT meinen Fehlern.

Warum nur haben so viele Menschen so panische Angst, einen Fehler zu begehen?

Klar sind Fehler zunächst unangenehm.

Sie sind uns peinlich und wir fühlen uns unzulänglich.

Trotzdem sind sie auf unserem Weg eine wichtige Chance zur Entwicklung. Offen zu dem zu stehen, was man falsch gemacht hat ist eine starke Charaktereigenschaft und zeugt von gutem Selbstvertrauen.

Sich selbst bei Fehlern zu verdammen hingegen hat etwas mit mangelndem Selbstwertgefühl zu tun.

Das führt uns zu einer interessanten Frage: Wie entsteht dieses mangelnde Selbstwertgefühl?


Perfektionismus – die Ursachen

Die Psychologin Dr. Doris Wolf schreibt in ihrem Blog, dass für die Entwicklung des Selbstwertgefühls die ersten sieben Lebensjahre ausschlaggebend sind.

Schenken Eltern ihrem Kind nur bei guten Leistungen Liebe und Aufmerksamkeit lernt dieses, dass Leistung eine Grundvoraussetzung für Liebe ist – das Selbstwertgefühl baut sich ausschließlich darauf auf.

D.h., das Kind macht also sein Selbstwertgefühl von seinen Leistungen abhängig.

Kurz gesagt:

Gute Leistung = gutes Selbstwertgefühl.

Schlechte Leistung = schlechtes Selbstwertgefühl.

Bekommt das Kind unabhängig davon generell keine Liebe, entwickelt sich das Selbstwertgefühl ebenfalls negativ.

„Nur wenn du Leistung bringst und Erfolg hast, wirst du von uns geliebt“ – so lautet das Credo.

Frau Dr. Doris Wolf meint dazu:

„Deshalb glaubt der Perfektionist,

nur als fehlerloser Mensch von anderen gemocht zu werden,

und deshalb kann er sich selbst nur dann annehmen und mit sich zufrieden sein,

wenn er fehlerlos ist und immer das Optimum erreicht.“

Was kann einem Menschen passieren, der immer perfekt sein will?


Perfektionismus – die Folgen

Eigene Ansprüche herunterschrauben - ein Job, mit dem sich Perfektionisten ziemlich schwer tun.

Was daraus entsteht:

  • Körper & Seele leiden!
  • Entspannung wird als Fremdwort gesehen!
  • Ein Ende der Arbeit ist nicht in Sicht!

Peter Hupke beschreibt in seinem Blogartikel "Welche Folgen kann Perfektionismus haben?" ebenfalls zahlreiche negative Konsequenzen:

  • Dein Selbstwertgefühl fällt in den Keller.
  • Du läufst Gefahr, dich auf Dauer zu überfordern und Krankheiten wie z.B. Depressionen, Tinnitus, Schlafstörungen, Kopfschmerzen usw. zu bekommen.
  • Dein Denken und Handeln ist mit der Zeit nicht mehr flexibel.

Irgendwie nicht so ganz erstrebenswert, oder? Solche Menschen können einem ziemlich leid tun...

Du willst keiner dieser leidenden Menschen sein?

Gut!

Dann lass uns schauen, wie du deiner Perfektionismus-Falle entrinnen kannst:


Perfektionismus - so wirst du ihn los

Wenn du jetzt ins Schwitzen kommst, kann ich dich beruhigen: Mach dir keine Sorgen, du bist deinem Perfektionismus NICHT hilflos ausgeliefert.

Es gibt gute Mittel dagegen.

Ich persönlich nenne sie "Exit-Optionen".

Einige davon zähle ich dir jetzt auf:

Perfektionismus-Exit 1: Finde Argumente dagegen

Wenn du alles superperfekt machen willst und dich selbst damit unnötig unter Druck setzt, führe dir am besten folgendes vor Augen:

  • Du bist - auch ohne perfekte Leistung abzuliefern ! - ein absolut liebenswerter Mensch.
  • Wenn du dein persönlich Bestes gibst, ist das immer gut genug - egal, was andere für „das Beste“ halten.
  • Gib nicht immer 100 Prozent – das laugt dich aus und macht dich fertig. Oft genügen auch nur 80 oder 90 Prozent, um anfallende Aufgaben zur Zufriedenheit zu erledigen.

Im Artikel von Spiegel Online („Wenn Perfektionismus zur Last wird“) schreibt Mira Fricke über den sog. „Pareto Effekt“.

Dieser besagt, dass man 80 Prozent seiner Ergebnisse in 20 Prozent seiner Zeit erzielt.

Für die noch fehlenden 20 Prozent braucht man dann aber 80 Prozent (!!) der Zeit und des Aufwandes.

Grund genug, hier ein wenig gnädiger mit sich zu sein und „nur“ gute Ergebnisse ebenfalls wertzuschätzen.

Lieber überlegst du dir, was du mit der verbleibenden Zeit alles Schönes machen könntest!


Perfektionismus-Exit 2: Denke logisch

Der klinische Psychiater David D. Burns empfiehlt in seinem Buch *Feeling Good: Depressionen überwinden, Selbstachtung gewinnen: Sich wieder wohlfühlen, sich nach einem Fehler klar zu machen, dass kein Mensch auf dieser Welt fehlerlos ist.

Es ist also nichts, das nur dir passiert, sondern auch allen anderen um dich herum.

Anstatt dich deswegen jetzt fertig zu machen überlege dir dies:

„Was hat mein Fehler GUTES?“

Beantworte dir diese Frage schriftlich. Dann wirst du erkennen, dass Fehler deine Entwicklung auch positiv vorantreiben können.

Mache dir dabei bitte immer wieder aufs Neue klar:

Niemand ist immer perfekt. Wir alle machen Fehler. Es ist menschlich.

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Es gilt (und bitte informiere dich, solltest du das anders sehen):

AUCH.

DU.

BIST.

EIN (Gott sei Dank!!!) UNPERFEKTER.

MENSCH.

Was genau bedeutet diese Aussage für dich? Überleg dir das mal in einer ruhigen Minute.

Unterdessen hat der Autor Jochen Mai in seinem Blogartikel ebenfalls ein paar Exit-Optionen gegen den Perfektionismus parat: 


Perfektionismus-Exit 3: Vergleiche dich nicht mit anderen

Jeder Mensch ist anders und jeder hat andere Fähigkeiten. Niemand kann (und muss) etwas ganz genauso gut machen wie ein anderer.

Nutze also das Potential deiner Fähigkeiten immer bestmöglich – das ist völlig ausreichend für ein zufriedenstellendes Leben!


Perfektionismus-Exit 4: Werde kritikfähig

Perfektionismus hat viel mit Angst vor Kritik zu tun. „Wenn ich perfekt bin, bin ich nicht angreifbar“ – so der Gedanke.

Doch was ist so schlimm an konstruktiver (und nicht gemeiner!) Kritik?

Vielleicht bringt sie dir neue Impulse.

Neue Chancen.

Oder sie zeigt dir einen Weg, auf den du bis jetzt noch gar nicht gekommen bist…?


Perfektionismus-Exit 5: Bitte andere um Unterstützung

Wenn du etwas nicht alleine schaffst oder damit überfordert bist, gehe auf andere Menschen zu und frage, ob sie dich unterstützen können.

Höre damit auf, das Haar in der Suppe zu suchen und hole dir lieber Impulse von außen.

Merke dir:

Es ein Zeichen von STÄRKE,

zu sich und seiner Imperfektion zu stehen.

Du bist kein immer funktionierender Roboter und musst es auch nicht sein!


Perfektionismus-Exit 6: Vertraue auf deine Fähigkeiten

Je mehr du dir vor Augen führst, was du nicht kannst und welche Fehler du in der Vergangenheit gemacht hast, desto unsicherer wirst du.

Das ist gefährlich, denn dein Selbstwertgefühl nimmt dabei ab.

Am Ende steht ein ausgewachsener Minderwertigkeitskomplex, der nur sehr mühsam wieder abzubauen ist.

Mein Rat:

Drehe den Spieß lieber UM und führe dir

deine FÄHIGKEITEN und ERFOLGE vor Augen.

Am besten mal auf einem großen Stück Papier!

Ich verspreche dir: Es verändert deine Wahrnehmung ins Positive und du kannst Fehler viel besser verkraften!


Perfektionismus: Das Fazit

Dieses Zitat von Henry Ward Beecher fasst es recht gut zusammen:

Ich hasse diese kalten, genauen, perfekten Leute, die, um nicht falsch zu sprechen, überhaupt nicht sprechen,

und um nichts falsch zu machen, nie etwas tun.

Was heißt das für dich?

Es heißt, dass du – wenn du ein gesundes und zufriedenes Leben führen willst – bitte unbedingt aufhören solltest, perfektionistische Ansprüche an dich selbst zu haben.

Tatsächlich finde ich es sogar eindeutig negativ, von sich Perfektion zu erwarten, da es diese gar nicht gibt!

Das EIGENE Beste zu geben,

wird immer gut genug sein.

Lasse es bitte zu, dass du vielleicht mal einen Fehler machst, denn das ist ok.

Lasse es bitte ebenfalls zu, dass ein anderer Fehler macht.

Denn er ist ebenfalls nicht perfekt.

Natürlich ist es für uns alle dann vielleicht nicht unbedingt angenehm, die Fehler auszubaden, aber sie sind auch wirklich gute Lehrmeister dafür, wie wir es in Zukunft vielleicht besser machen könnten.

Damit du es auch ja nicht vergisst hier nochmal die besten Tipps, um entspannter zu leben und deine übersteigerten Leistungsansprüche loszuwerden:

  • Finde Argumente gegen das Perfektionsstreben
  • Sei milder mit dir selbst
  • Stehe zu deiner Person und deinen Fähigkeiten
  • Hole dir Hilfe, wenn du sie benötigst
  • Vergleiche dich nicht mit anderen
  • Nimm Kritik als Motor um zu Lernen

Was glaubst du wird passieren, wenn du all diese Dinge in deinem Leben umsetzt?

Ganz einfach:

Du führst ein ENTSPANNTERES Leben

mit wesentlich mehr FREUDE

und weniger SELBSTDRUCK.

Probiere es aus!

Ach ja, noch ein kleines Experiment am Rande:

Formuliere doch einmal „Fehler“ in ein anderes Wort um. Du wirst sehen, darin versteckt ist noch etwas anderes:

Das Wort „HELFER.“

Wo hilft dir der Helfer oder hat dir schon geholfen? Ich freue mich auf deinen Kommentar!

Alles Liebe, deine Nicole

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Freitag, 29. März 2024

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