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Introvertierte Menschen und Angst: Ein unüberwindbares Hindernis?

Vielen Introvertierten ist ein Gefühl wie Angst nicht fremd...

Angst hat viele Gesichter, die meisten davon sind unbequem.

Der eine schlägt sich mit Alpträumen herum, ein anderer geht tausendmal zur Toilette, dem nächsten wird speiübel, wenn er an ein bestimmtes Ereignis denkt.

Vor etwas Angst zu haben ist grundsätzlich nichts Ungewöhnliches, jedoch haben introvertierte Menschen häufiger als andere damit zu tun.

Vielleicht kennst du das auch:

Du bist ein eher stiller Typ und hast schon seit langen Jahren eine gute Freundin.

Irgendwann aber läuft es zwischen Euch nicht mehr gut. Wenn ihr zusammen seid, zickt ihr Euch an und habt immer häufiger verschiedene Meinungen. Das hat zur Folge, dass du in letzter Zeit immer weniger Lust hast, dich mit deiner Freundin zu treffen. Natürlich leidest du unter diesem Zustand, er belastet dich enorm. Mehr als deutlich fühlst du, dass dir diese langjährige Freundschaft eigentlich sehr wichtig ist.

Trotzdem traust du dich einfach nicht, die Sache zu klären – die Angst vor einer Ablehnung und einem möglichen Streit ist zu groß.

Die Folge:

Eure Freundschaft befindet sich

auf dem absterbenden Ast.

 

Wenn du nichts tust, wird sie wahrscheinlich bald Geschichte sein.

Das muss nicht sein. Du kannst deine Angst vor dem klärenden Gespräch überwinden und die Freundschaft – sofern sie dir noch wichtig genug ist – retten.

Zuvor aber solltest du vielleicht einiges über das große Thema Angst und wie sie sich auf zurückhaltende Menschen auswirkt wissen.


Introvertierte Menschen empfinden Angst stärker

Ein Gefühl wie Angst wirkt sich auf introvertierte Menschen intensiver aus als auf andere.

Keine gute Nachricht?

Nicht wirklich.

Doch warum ist das so?

Sind wir im Empfinden von Gefühlen denn nicht alle gleich, völlig egal ob extro- oder introvertiert?

Offensichtlich nicht.

Leise Menschen nehmen Ängste oft deutlich intensiver wahr. Sylvia Löhken, Introexpertin und Autorin von *"Leise Menschen - starke Wirkung: Wie Sie Präsenz zeigen und Gehör finden"(2015) erklärt das so:


Introvertierte kommunizieren grundsätzlich weniger

In sich gekehrte Menschen haben weniger als Extrovertierte das Bedürfnis, sich anderen mitzuteilen bzw. mit ihnen zu kommunizieren. Das macht es schwieriger, sich damit verbundenen Ängsten zu stellen.

Anders bei den Extrovertierten: Sie möchten den Kontakt zu anderen und sind deswegen nicht mit einer so hohen Hemmschwelle konfrontiert.

Bezogen auf unser Beispiel bedeutet das, dass es einem Introvertierten auf jeden Fall schwerer fällt, sich aktiv zu öffnen, alleine schon, weil er es gar nicht so oft „übt“.


Introvertierte haben ein tiefes Innenleben

Bei leisen Menschen passiert sehr viel im Inneren, mehr als bei nach außen Gekehrten. Das führt dazu, dass Ängste womöglich einen größeren Stellenwert bekommen und angstlösende Aktivitäten verhindern.

Übersetzt heißt das: Da du wahrscheinlich intensiver über das Problem mit deiner Freundin nachdenken wirst, wird es auch deutlich mehr Raum in deinem Leben einnehmen.

Das könnte deine Ängste möglicherweise noch vergrößern.


Introvertierte sind sicherheitsbedacht

Sylvia Löhken beschreibt, dass Intros sehr stark auf Sicherheit getrimmt sind – so reagiert das Gehirn intensiver auf Risiken und löst Ängste schneller als bei anderen aus.

Es könnte also sein, dass deine imaginären Alarmglocken deutlich eher schrillen als die deiner Freundin, welche noch gar nicht daran denkt, dass es überhaupt ein Problem geben könnte.

Generell scheinen in sich gekehrte Menschen weniger mit Konflikten zu tun zu haben als extrovertierte Persönlichkeiten.

Das liegt daran,

dass sie diese auch nicht gerade suchen.

Dabei gehören Konflikte zum Leben dazu, weil wir alle unterschiedlich sind und nicht immer die gleiche Anschauung haben können. [module-185] Das ist in etwa so, als würde jeder von uns das Leben mit einer eigenen Brille betrachten – gefärbt je nach bisheriger Vorerfahrung.

Der Unterschied von Extros zu Intros: Extros brauchen für klärende Gespräche weniger Energie während es hingegen für Intros oft ein hohes Maß an Anstrengung bedeutet, so berichtet Sylvia Löhken.

Weiter führt sie auf, dass ruhigere Menschen vermehrt Bedenken haben, dass das Gespräch möglicherweise außer Kontrolle geraten könnte - sowieso ein absolutes No Go für alle Sicherheitsbedachten.

Zusammengefasst:

Für introvertierte Menschen bedeutet ein Konfliktgespräch

also hauptsächlich STRESS!

Wer sich dem aktiv aussetzt und dafür aus seinem Schneckenhaus herauskommt, muss schon einen sehr, sehr guten Grund dafür haben.


Angst macht sich auf unterschiedliche Weise bemerkbar

Doch was passiert mit dir, wenn dich das Gefühl der Angst übermannt? Fragen wir eine andere Fachfrau, die sich in Sachen Ängste sehr gut auskennt.

Dr. Doris Wolf erklärt in *„Ängste verstehen und überwinden. Wie Sie sich von Angst, Panik und Phobien befreien“ (2013, S. 18 - 19), dass Angst sich auf vielerlei Arten bemerkbar machen kann.

So wirkt sie sich zum Beispiel auf

  • den Körper (z.B. in Form von feuchten Händen, hohem Blutdruck, Zittern, Kopfschmerzen usw.),
  • die Gefühle (z.B. in Form von Reizbarkeit, Anspannung usw.),
  • die Gedanken (z.B. in Form von Gedankenkreisen, Grübeln, Befürchtungen usw.)
  • und das Verhalten (z.B. in Form von Schlafproblemen, Rückzug, Vermeiden von Situationen usw.)

aus.

Auch gibt es einen Unterschied zwischen akuter und chronischer Angst. Die akute Angst entwickelt sich innerhalb kürzester Zeit und schwankt in der Stärke (z.B. Angst vor einem Unfall usw.). Die chronische Angst befällt Menschen schleichend. Sie betrifft solche Themen wie z.B. Angst zu versagen, Angst vor dem Alleinsein usw.

Klar, Angst zu haben ist nicht schön, jedoch völlig natürlich.

Angst ist eine seit jeher in uns angelegte Reaktion,

die eigentlich unser Überleben sichern soll.

Manchmal aber geht es eben NICHT ums pure Überleben und genau da sind wir an dem Punkt angelangt, an dem die Angst uns blockiert.

Sie HINDERT uns daran,

etwas zu TUN,

was wir tun MÖCHTEN.

Was gut ist: Du kannst deiner Angst begegnen – auch wenn du ein eher bedachter Mensch bist.

Was schlecht ist: Du musst dafür aktiv werden.

Das läuft so nach dem Motto „Augen zu und durch“.


Introvertierte Menschen haben die Wahl: Sich der Angst stellen oder nicht

Dazu musst du dich als allererstes dem Gefühl der Angst stellen und dir überlegen, ob das, was du erreichen willst (in diesem Fall die Rettung der langjährigen Freundschaft) dir grundsätzlich wichtiger ist als deine Angst vor Ablehnung.

Das aber erfordert besonders von ruhigen Menschen oft so richtig Mut: Weil es eben Risiko und das Verlassen der eigenen Komfortzone bedeutet.


Wie Angst entsteht

Ängste haben oft unterschiedliche Ursachen. Dr. Doris Wolf schreibt (*Ängste verstehen und überwinden, 2013, S. 43) darüber:

"Der überwiegende Teil der Ängste entsteht,

indem wir eine bestimmte Situation als bedrohlich, unmittelbar bevorstehend, äußerst wahrscheinlich

und besonders verheerend einschätzen

und unsere Fähigkeiten, mit der Gefahr umzugehen,

als minimal ansehen."

Wie wir die Situation und unsere Fähigkeiten einschätzen, haben wir in unserer Vergangenheit gelernt. Jetzt verspüren wir die Angst, ohne bewusst etwas zu denken.

Häufig hängt das mit Bewertungen aus der Vergangenheit zusammen.

So kann es z.B. sein, dass du eine Situation aufgrund deiner Vorerfahrungen als neutral oder positiv bewertest, dementsprechend wird dein Gefühl ein gutes sein und dein Körper sich entspannen.

Bewertest du etwas hingegen als negativ, wirst du dich ängstlich fühlen.

Die Folge:

Deine Anspannung wächst.

Im Hinblick auf ein mögliches Klärungsgespräch läuft bei dir im Kopf wahrscheinlich folgendes ab (Doris Wolf, Ängste verstehen und überwinden, 2013, S. 27 - 30):

Die Situation:

Du bemerkst, dass Eure Freundschaft nicht mehr das ist, was sie einmal war. Um sie zu retten, möchtest du gerne wissen, woran es liegt und mit deiner Freundin ein klärendes Gespräch führen.

Deine Bewertung:

Wenn ich sie darauf anspreche, wird sie wütend sein und mich ablehnen. Das halte ich nicht aus.

Deine Gefühle, die Reaktion des Körpers und das, was du tust:

Du hast Angst und wälzt dich schon beim Gedanken daran schlaflos im Bett herum. Deswegen vermeidest du das Konfliktgespräch und schluckst deinen Ärger lieber runter.


Ein Weg aus der Angst: Die eigenen Bewertungen ändern

Da Bewertungen einer Situation Gefühle und damit Reaktionen und ein bestimmtes Verhalten auslösen, empfiehlt Dr. Doris Wolf, die eigenen Bewertungen unter die Lupe zu nehmen und sich eine neue, gesündere Bewertung zu erarbeiten.

D.h. du prüfst, ob deine Angst

überhaupt SINN macht.

Kommst du zu dem Ergebnis, dass sie es NICHT tut, wird auch deine Anspannung abnehmen, d.h. die Angst wird weniger und du kannst anders handeln (sofern du das möchtest).

Dr. Doris Wolf schlägt schlägt hierfür neben einer gründlichen schriftlichen Bestandsaufnahme der Angst (Beispiel: In welchen Situationen leide ich noch darunter? Welche Einstellungen könnten dahinter stehen usw.) und verschiedenen anderen Techniken ausführlich einige Fragen vor, die dir zeigen, ob deine Ängste überhaupt begründet sind (*Ängste verstehen und überwinden, 2013, S. 54 - 58).

Eine Kurzfassung dieser Fragen möchte ich dir hier gerne wiedergeben:

  1. Ist es eine Tatsache, dass das was ich befürchte, tatsächlich eintreten wird?
  2. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Situation tatsächlich so unangenehm wird, wie ich annehme?
  3. Kann ich das, was ich erwarte, verhindern?
  4. Was passiert, wenn wirklich eintritt, was ich befürchte? Wie kann ich damit umgehen?
  5. Haben alle Menschen vor dieser Situation Angst?
  6. Was verliere oder gewinne ich, wenn ich mich der Situation aussetze?

Durchgespielt am Freundschaftsbeispiel könnten deine Antworten so lauten:

Ist es eine Tatsache, dass das was ich befürchte, tatsächlich eintreten wird?

Ich habe keine Ahnung, wie meine Freundin reagiert, wenn ich sie auf das Problem anspreche. Vielleicht mag sie mich dann nicht mehr, das kann passieren. Trotzdem wird die Welt nicht untergehen.

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Situation tatsächlich so unangenehm wird, wie ich annehme?

Da ich so ein Konfliktgespräch mit ihr noch nie geführt habe, kann ich auch nicht sagen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie das nervt und sie mich ablehnt. Sie könnte positiv oder negativ reagieren, beides ist drin.

Kann ich das, was ich erwarte, verhindern?

Um zu verhindern, dass sie genervt ist und mich nicht mehr mag kann ich zumindest versuchen, in höflichem Tonfall mein Problem vorzutragen. Weiterhin sollte ich vermeiden, ihr Vorwürfe zu machen und stattdessen lieber das konstruktive Gespräch suchen.

Was passiert, wenn wirklich eintritt, was ich befürchte? Wie kann ich damit umgehen?

Wenn sie nach dem Gespräch überhaupt keinen Bock mehr auf mich hat, habe ich auch nichts verloren. Ich möchte keine Freundschaft führen, in der ich nicht offen sagen kann, was mich belastet. Es wird hart, sie zu verlieren aber ich werde damit umgehen können.

Haben alle Menschen vor dieser Situation Angst?

Wahrscheinlich die meisten. Aber manche schreiben die Freundschaft gleich ab ohne ein Gespräch zu suchen während andere es sofort offen ansprechen. Ich liege mit meinen Befürchtungen wohl irgendwo in der Mitte.

Was verliere oder gewinne ich, wenn ich mich der Situation aussetze?

Wenn ich das Gespräch nicht suche werde ich immer mehr Frust aufstauen und die Freundschaft irgendwann abschreiben.

Spreche ich das Problem an, haben wir die Chance auf einen Neuanfang und die Erhaltung unserer Verbindung.

Mit all diesen Fragen und deren Beantwortung erarbeitest du dir eine alternative Bewertung auf eine Situation, d.h. packst deine Angst an der Wurzel.

Was dann kommt, ist die Umsetzung in der Praxis:

Du fasst dir ein Herz,

gehst auf deine Freundin zu und

stellst dich dem Konflikt.

Das tust du am besten in einer wertschätzenden Art und Weise. Eine konkrete Anleitung, wie du in diesem Fall am besten vorgehst, findest du HIER.


Introvertierte Menschen und ihre Angst: Das Fazit

Introvertierte Menschen empfinden Angst stärker als extrovertierte. Das kommt davon, dass sie ein höheres Sicherheitsbedürfnis haben, viel denken und der Anreiz, sich mit anderen auseinanderzusetzen nicht so ausgeprägt ist.

Für viele introvertierte Menschen bedeutet ein Konflikt daher großen Stress und steigert ihre Anspannung enorm. Trotzdem lohnt es sich auch für sie, für ein höheres Ziel etwas zu riskieren.

Eine Option neben vielen anderen: Die ursprünglich negative Bewertung einer Situation verändern und dadurch Ängste mildern.

Kurz:

Zu prüfen, ob die Angst überhaupt Sinn macht.

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Dies gelingt dir mit diesen Fragen:

  1. Ist es eine Tatsache, dass das was ich befürchte, tatsächlich eintreten wird?
  2. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Situation tatsächlich so unangenehm wird, wie ich annehme?
  3. Kann ich das, was ich erwarte, verhindern?
  4. Was passiert, wenn wirklich eintritt, was ich befürchte? Wie kann ich damit umgehen?
  5. Haben alle Menschen vor dieser Situation Angst?
  6. Was verliere oder gewinne ich, wenn ich mich der Situation aussetze?

Stellst du für dich fest, dass deine Angst in dieser Situation keinen Sinn für dich macht, hast du ein Mehr an Handlungsfreiheit, was dir vieles im Leben erleichtern wird.

In diesem Sinne: Viel Erfolg beim Angstbekämpfen!

Deine Nicole

P.S. Welche Erfahrung hast DU mit Angst gemacht und wie besiegst du sie? Schreibe mir!

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