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Mein Leben als Hochsensible/r

Alles Pusteblume? Nicht unbedingt...

Kennen wir uns?

Entschuldige, die Frage muss verwirrend klingen, immerhin ist die Wahrscheinlichkeit, einer bloggenden Mutter, die sich und ihre Kinder auf den Fotos ihrer Website ausschließlich von hinten ablichten lässt,

um so viel Anonymität wie möglich zu wahren, im wahren Leben beim Bäcker um die Ecke zu treffen, äußerst gering.

Und trotzdem habe ich, seit ich für hochsensible Mütter schreibe, beinahe täglich das Gefühl, meinesgleichen zu begegnen. Na gut, vielleicht nicht beim Bäcker, aber immerhin im World Wide Web.

Früher war das nicht der Fall. Früher, damit meine ich die Zeit, in denen mein Alltag noch nicht geprägt war von klebrigen Fingern am Nutellaglas, auf Links gedrehte Stinkesocken im Wäschekorb und zwei Kindern, die nur zwei Lautstärken kennen:

Laut und noch lauter.

Dass ich zu den hochsensiblen Personen zähle, das wusste ich lange Zeit nicht. Als Mädchen und junge Frau, die sich vorrangig um sich und ihre eigenen Befindlichkeiten scherte, ging ich Reizüberflutungen instinktiv aus dem Weg.

Klar, ich hatte wohl meine Phasen, in denen ich unbedingt, angepasst an den Mainstream (zumindest dem meiner Klasse und später an der Berufsschule) alles Mögliche mitmachen wollte, um dazuzugehören.

Und ehrlich gesagt hätte ich sicher sowohl die wöchentlichen Discobesuche inkl. anschließendem stundenlangen Dauerpiepen im Ohr als auch zeitintensive Shoppingexzesse in überfüllten, stickigen Einkaufszentren oder Zuqualmen in der Eckkneipe (ja, sowas war früher noch möglich!) nicht gestrichen, wenn ich bereits als junge Erwachsene von meinem sensiblen Wesenszug gewusst hätte.

Damals wollte ich dazugehören,

koste es, was es wolle.

Introvertiert und unauffällig genug war ich eh schon, da konnte ich es mir schlichtweg nicht leisten, mit einem uncoolen Waldspaziergang oder einem gemütlichen Philosophieabend um die Ecke zu kommen.

Das passierte automatisch, als mein Mann und ich zusammenfanden und wir beide verzückt feststellten, dass wir ziemlich ähnlich gestrickt sind (sonst wären wir auch mit Sicherheit kein Paar geworden).

Aber es fühlte sich schon viel besser an, die Abende auf der Couch vor dem Fernseher oder im Auto mit chilliger Musik durch die Gegend cruisend zu verbringen, nur noch alle paar Monate für maximal zwei Stunden shoppen zu gehen und die Wochenenden bei einem Waldspaziergang oder an einem schönen See zu verbringen. An einer abgelegenen Stelle, fernab des Trubels, versteht sich.

Uns beiden war sowohl die gemeinsame Pärchenzeit,

als auch Zeit für jeden alleine sehr wichtig.

Wochenenden, an denen er vorm Laptop saß, während ich vier Stunden Musik auf den Ohren und nichts anderes zu tun hatte, als den Liedern zu lauschen und meinen Tagträumen nachzuhängen, waren bei uns keine Seltenheit.

Und als wir lange genug zusammen waren, kamen auch unweigerlich Zukunftsthemen auf den Tisch. Heiraten wäre schön, zwei Kinder eigentlich auch. Ob uns dann noch so viel Zeit für uns und unsere Bedürfnisse bliebe? Aber andere kriegen es ja auch hin.

Warum sollten wir die große Ausnahme bilden?

Es würde sich schon alles fügen, es würde schon gut gehen. Man solle ja schließlich mit den Kindern leben und nicht für die Kinder. Hatte mein Mann zumindest irgendwo aufgeschnappt.

Und dann kamen die Kinder,

eins nach dem anderen,

genauso, wie wir es uns gewünscht hatten

und plötzlich war alles anders.

Die kurze Strecke zum Wald wurde zu einer mehrstündigen Odyssee. Bis der Kinderwagen die Treppen vom Keller zum Hinterhof rausgetragen, die Wickeltasche mit allen Eventualitäten gepackt und das Kind noch ein drittes Mal gewickelt worden war, konnten wir eigentlich wieder umdrehen und das Mittagessen kochen.

Die nächtlichen Stillpausen wurden aufgrund des Schlafmangels zur Tortour und mein ganzes Leben drehte sich plötzlich nur noch um das Kind.

Ich fühlte mich wie in einem Gefängnis.

Fremdbestimmt und eingesperrt für den Rest meines Lebens, zumindest für die nächsten achtzehn Jahre, bis der Nachwuchs ausgezogen war. Mir wurde alles zu viel.

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Am Anfang war es das Schreien des Babys, nie genau zu wissen, was es denn wollte und brauchte, später, als die beiden Jungs sich ganz genau (mehr lautstark, denn präzise) ausdrücken konnten, war es vor allem das tägliche Miteinander, das es mir so schwer machte.

Kind hier, Kind da,

aber wo blieb ich?

Jetzt fragen mich manche, warum ich denn überhaupt Kinder bekommen habe? Immerhin wisse man doch vorher, was da auf einen zukommt.

Mal davon abgesehen, dass ich diesen „man“ nicht kenne, kann ich persönlich für mich behaupten, dass ich mir das Ausmaß an Stress vorher nicht vorstellen konnte. Nicht nur, dass wir keine Vorbilder in Form von anderen jungen Eltern um uns herumhatten, bei denen wir den Stress hautnah hätten mitbekommen können.

Ich behaupte auch einfach mal, dass man die kräftezehrenden Zeiten vorher nicht erfühlen kann.

Niemand kann das.

Woher soll man auch wissen, mit welchem Temperament die Kinder gesegnet sein werden, welche Verhaltensweisen, Geräusche oder Gesichtsausdrücke mich aufgrund meiner eigenen Geschichte vielleicht triggern?

Gott sei Dank bekamen wir viel Unterstützung. Unsere Eltern nahmen uns die Kinder oft und gerne ab.

Und dennoch gab es da diese

unstillbare Sehnsucht

nach kinderlosen Zeiten.

Einfach mal nicht auf die Uhr schauen müssen, wann wir die Kinder wieder abholen sollen. Nicht zwölfunddreißig Mal am Tag die gleichen Tischregeln erklären oder wieder einen von so vielen Trotzanfällen miterleben müssen.

Als ich zufällig die Fernsehsendung über hochsensible Personen sah, wusste ich sofort, dass auch ich zu den ruhebedürftigen, introvertierten Menschen zähle, die schon Zeit ihres Lebens irgendwie dünnhäutiger und sensibler sind. Ein Test bestätigte meine Vermutung.

Was mir erst durch die Reportage klar wurde:

Dafür gibt es einen Namen

und es gibt wohl noch andere Menschen,

die diesen Wesenszug haben.

Eine ganze Menge, wie ich heute weiß, und viele Frauen entdecken ihre Hochsensibilität erst, seitdem sie Mutter sind. Genau wie ich damals.

Für mich ist das kein Zufall. Immerhin sind wir mit Baby und Kleinkind permanent Stresssituationen und Reizüberflutungen all unserer Sinne ausgesetzt. Und dann meldet sich der überempfindliche Wesenszug abrupt zu Wort.

Glücklich, wer dann Google zu Hilfe nimmt und sich nicht selbst für falsch erklärt. Bei mir war es nicht Google, sondern FrauTV, eben die Fernsehsendung, bei der ich zufällig beim Durchzappen hängen blieb.

Aber was ist schon Zufall?

Noch im selben Jahr begann ich mit meinem Blog, auf dem ich inzwischen ausschließlich für hochsensible Mütter schreibe, speziell für die freiheitsliebenden unter ihnen.

Ich würde dir gerne sagen, dass sich seit der Fernsehsendung und dem Bloggen alles zum Guten gewendet hat und ich nur noch grinsend und mit unsichtbarer Glühbirne über dem Kopf durch die Gegend spaziert wäre, ähnlich einer Comic-Figur, die das große Geheimnis entschlüsselt hat.

Dass ich seit der Entdeckung meiner Hochsensibilität die perfekte Balance gefunden hätte zwischen Mutter-sein und Ich-bleiben.

So weit bin ich aber noch nicht.

Nicht, solange die Kinder noch Angst haben vor allen Fernsehserien, die über „Tom der Abschleppwagen“ hinausgehen, nicht, solange ich die Krise an KiTa-Schließtagen kriege, nicht, solange die Kinder permanent meine Aufmerksamkeit und Bespaßung einfordern.

Als Hochsensible, die ich gleichermaßen unter- wie überfordert im Umgang mit so jungen Menschen bin, stresst mich weiterhin immer noch die Zeit, in der ich die HauptVerantwortung für meine Jungs trage.

Ich freue mich, wenn meine Kinder älter sind, wir zusammen eine Fahrradtour veranstalten können, ohne, dass ich jedesmal aufs Neue die Benimmregeln auf dem Radweg („Vorsicht, nicht der Frau in die Hacken fahren!“, „Achtung, da kommt Gegenverkehr!“, „Die Klingel nicht erst benutzen, wenn ihr vorbeigefahren seid!“) erklären muss.

Wenn wir gemeinsam an einem verregneten Sonntag länger als fünf Minuten ein Gesellschaftsspiel spielen können, ohne mir nach jeder Runde anhören zu dürfen, wie unfair das ist, dass IMMER NUR der Bruder gewinnt und der Würfel sowieso nie eine Sechs zeigt.

Wenn ich auf meine Frage wie ihr Tag war kein „Weiß nicht“ oder „Guck‘ mal, mein Bauchnabel!“ als Antwort ernte.

Weil ich viel lieber über Gott und die Welt

als über Bauchnabel philosophiere.

Und dennoch hat sich auch bei mir vieles verändert. Ich habe eine ganze Menge Mütter kennengelernt, die ähnliches aus ihrem Alltag und von ihrem Befinden berichten.

Vor allem aber habe ich mich selbst viel besser kennengelernt. Ich spüre inzwischen sehr genau, wenn mein Akku sich dem Ende nähert und ich dringend eine Verschnaufpause benötige. Und dass es dann für alle am besten ist, wenn ich mir schnellstmöglich diese Pause nehme.

Ich weiß auch, wie wichtig es für hochsensible Mütter ist, so viel Selbstbestimmtheit wie möglich in ihren Alltag einzubauen (und wenn es in Stresssituationen nur der fokussierte, gleichmäßige Atem ist). Und ich weiß auch, dass ich mich ohne meine Kinder nie in der Tiefe meiner Ganzheit hätte erfassen können.

Dafür bin ich sehr dankbar.

Und wenn du morgen beim Bäcker eine Frau vor dir stehen siehst, mit rastlosem Blick auf die überwältigende Auswahl an Gebäckwaren vor sich, an jeder Hand zwei ungeduldige Jungs, die lautstark nach dem Gratisbrötchen verlangen und dabei mit ihren Fingern schmierige Abdrücke auf der Glasvitrine verteilen, dann sei doch bitte so gut und nimm‘ die Frau einmal kurz ungefragt in den Arm.

Vielleicht sind wir uns dann doch außerhalb des World Wide Webs begegnet.

Christine ist 33 und lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen (5 und 6) an der Nordseeküste. Christine bloggt auf „Pusteblumen für Mama“ für hochsensible, freiheitsliebende Mütter.

P.S. Du interessierst dich näher für dieses Thema? Dann empfehle ich dir dieses Buch: *Hochsensible Mütter (Hochsensibel) von Brigitte Schorr und natürlich Christines Blog "Pusteblumen für Mama". Du magst ebenso wie Christine so offen und mutig über deine Hochsensiblität schreiben? Keine Sorge, du musst kein literarisches Genie sein und darfst auch anonym bleiben - wenn du das willst. Ich freue mich auf dich! Deine (ebenfalls hochsensible) Nicole

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